§ 29 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BtMG – Unerlaubtes Herstellen von Betäubungsmitteln

Worin besteht beim unerlaubten Herstellen von Betäubungsmitteln die strafbare Handlung?

 

Gemäß der gesetzlichen Legaldefinition in § 2 Nr. 4 BtMG umfasst das unter Strafe gestellte Herstellen das Gewinnen, Anfertigen, Zubereiten, Be- oder Verarbeiten, Reinigen und Umwandeln von Betäubungsmitteln.

Dies bedeutet im Prinzip zunächst nichts anderes, als dass im Gegensatz zum unerlaubtem Anbauen von Betäubungsmitteln die Herstellung von Betäubungsmitteln alle weitergehenden Handlungen umfasst, die dazu vonnöten sind, um ein für den Handel verwertbares Betäubungsmittelprodukt bereit-, zusammen- und/oder herzustellen.

 

Wann kann ein unerlaubtes Herstellen von Betäubungsmitteln vorliegen?

 

Durch die vielen Spezialfälle, in die sich der Herstellungsbegriff gemäß Legaldefinition unterteilt, muss hier die durch Gerichte und Politik entwickelte Kasuistik besonders stark beachten werden.

So wird unter Gewinnung die mechanische oder chemische Trennung von Betäubungsmittelpflanzen und deren Produkten verstanden (OLG Karlsruhe NStZ-RR 2002, 85 = StV 2002), gemeinhin also die zu Naturprodukten führende (BayObLG BayObLGSt. 59, 273) Ernte nach dem Anbau. Es kommt hierbei gar nicht darauf an, ob Betäubungsmittel selbst oder nur Zwischenprodukte gewonnen werden, wie Urteile z.B. über das Sammeln von Cannabisfruchtständen (BGH NStZ-RR 2015, 14) beweisen.

Als Gegenstück zur Gewinnung kann das Anfertigen angesehen werden, unter welchem die chemische Entwicklung halb- oder vollsynthetischer Betäubungsmittel in dazu geeigneten Räumlichkeiten zu verstehen ist (vgl. Körner/Patzak/Volkmer, § 29 BtMG Rn. 11). Ähnlich wie schon bei der Gewinnung reicht auch bereits die Anfertigung von Zwischenprodukten, um den Straftatbestand zu verwirklichen (vgl. Körner/Patzak/Volkmer § 29 BtMG Rn. 11).

Wieder etwas anderes meint das Zubereiten: Hier geht es vor allem um Mischungs-, Streckungs- und Lösungsvorgänge (vgl. Weber § 2 Rn. 59), die an Betäubungsmitteln vorgenommen werden. Wohl verbreitetstes Beispiel hierfür ist das Strecken oder auch Verschneiden eines Betäubungsmittels, um insgesamt einen höheren Gewinn beim Verkauf zu erzielen (vgl. Körner/Patzak/Volkmer, § 29 BtMG Rn. 13). Andere häufige Beispiele umfassen das Lösen von Betäubungsmitteln, um diese z.B. in Flaschenform leichter und unauffälliger zu transportieren, und das Veredeln eines Betäubungsmittels durch Verschneidung mit einem anderen Stoff. Mitunter versteht man unter Zubereiten aber auch wirklich nur das eigentliche Bereitmachen eines Stoffes für den späteren Konsum, wenn z.B. aus Mohnkapseln Opiumsuppe oder auch morphinhaltiger Opiumtee aufgekocht wird (BGH StV 1987, 250).

Anders als das Zubereiten umfasst das Reinigen die Befreiung eines Betäubungsmittels von Fremdstoffen (vgl. BGH NStZ 1993, 391), also das Gegenstück zur Veredelung mit einem anderen Stoff. So kann der Reinigungsprozess beispielhaft durch Filtern, Sieben oder auch durch das Trocknen eines Betäubungsmittels erreicht werden (vgl. Körner/Patzak/Volkmer, § 29 BtMG Rn. 15). Dabei reicht auch diese Fallgruppe recht weit: So will das Landgericht Essen auch in dem Herausfiltern von MDE aus Aceton-Restbeständen nach erfolgter Ecstacy-Produktion eine Herstellung von Betäubungsmitteln sehen (LG Essen, Urt. v. 22. 5. 1997, 25 (1/97) 56 Js 574/96), also schon in der Filtrierung von Abfallprodukten.

Nicht zu verwechseln ist dies mit dem Umwandeln, welche chemische oder mechanische Veränderungen von Stoffen in neue Betäubungsmittel mit neuartigen Eigenschaften umfasst (vgl. Weber § 2 Rn. 64). Eine solche Veränderung liegt z.B. bei den Röst- und Fermentierungsprozessen vor, durch die aus Rohopium Chandu oder auch Rauchopium gewonnen wird (vgl. Körner/Patzak/Volkmer § 29 Rn. 17).

Zuletzt stehen noch die Tatbestände des Be- und Verarbeitens. Dabei werden unter Bearbeitung alle mechanischen und chemischen Veränderungen von Betäubungsmitteln verstanden, bei denen die stoffliche Zusammensetzung der Betäubungsmittel keine Änderung erfährt und es nicht zu neuen Stoffeigenschaften kommt (vgl. Weber § 2 Rn. 60). Beispielhaft hierfür ist zum Beispiel das Pressen von Cannabisharz in Platten oder das Formen von zum Konsum oder für den Transport geeigneten Kugeln aus Rohopium (vgl. Körner/Patzak/Volkmer § 29 Rn. 18). Etwas anders hingegen die Verarbeitung, welche die Einwirkungen auf Stoffe umfasst, die zu einer Zubereitung oder zu einem neuen Stoff führen – etwa bei der Lösung eines Betäubungsmittels in Alkohol oder auch der Tarnung eines Betäubungsmittels wie beispielsweise Kokain durch Vermischung und Überlagerung  mit Farbstoffen (vgl. Körner/Patzak/Volkmer § 29 Rn. 20).

 

ACHTUNG: Bei dem strafbaren unerlaubten Herstellen von Betäubungsmitteln  handelt es sich  zudem nur um einen sogenannten Grundtatbestand. Deutlich höhere Strafen können Ihnen immer dann drohen, wenn Sie das Herstellen von Betäubungsmitteln gewerbsmäßig (§ 29 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 BtMG) oder die Gesundheit mehrerer Menschen gefährdend (§ 29 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 BtMG) mit anderen gemeinsam als „Bande“ in kleinerem (§ 30 Abs. 1 Nr. 1 BtMG) oder größerem Umfang (§ 30a Abs. 1 BtMG) betreiben.

Weiterhin ist gemäß § 29 Abs. 2 BtMG auch der Versuch des unerlaubten Herstellens strafbar, also die bereits begonnene, aber noch nicht vollendete Tat. Außerdem reicht gemäß § 29 Abs. 4 BtMG für eine Strafbarkeit wegen unerlaubten Herstellens auch eine fahrlässige, mithin also nicht einmal gewollte Tatbegehung aus.

 

Mir wird das unerlaubte Herstellen von Betäubungsmitteln vorgeworfen – wie soll ich vorgehen?

 

Wie zuvor schon aufgeführt ist es bemerkenswert einfach, sich wegen des unerlaubten Herstellens von Betäubungsmitteln strafbar zu machen. Hintergrund hierfür ist der Versuch des Gesetzgebers, den Drogenhandel von Beginn an zu erschweren, indem man nahezu jede erdenkliche Form der Präparation von später für den Handel vorgesehenen Betäubungsmittel mit Strafe belegte.

Weil der Eigenkonsum von Betäubungsmitteln in Deutschland aber bislang nicht kriminalisiert wurde, entsteht so ein gewisser Widerspruch für die Fälle, in denen Konsumenten Betäubungsmittel in kleinen Mengen ausschließlich für sich selbst herstellen. Durch die gesetzlichen Regelungen in den §§ 29 Abs. 5 und 31a BtMG wurde versucht, diesen Widerspruch für kleine, zum Eigenkonsum gedachte Mengen an Betäubungsmitteln aufzulösen, indem man Strafverfolgungsbehörden und Gerichten die Möglichkeit gab, das Verfahren dann einzustellen. Von einer weitergehenden Strafverfolgung kann in solchen Fällen bei kompetenter anwaltlicher Vertretung also abgesehen werden.

In allen Fällen gilt als guter Standard aber stets folgende Devise: Ohne Anwalt äußert man sich nicht zu strafrechtlichen Vorwürfen. Bedenken Sie stets, dass wirklich alles, was Sie gegenüber den Ermittlungsbehörden äußern, auch gegen Sie verwendet werden kann und wird.

Da das sich mit Betäubungs- und Arzneimitteln befassende Strafrecht in Deutschland nicht zur juristischen Grundausbildung gehört, empfiehlt es sich in solchen Fällen dringend, einen Experten für dieses Rechtsgebiet heranzuziehen. Vereinbaren Sie daher schnellstmöglich einen Termin unter 030 120 648 550.