§ 29 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BtMG – Unerlaubter Anbau von Betäubungsmitteln

 

Worin besteht beim unerlaubten Anbau von Betäubungsmitteln die strafbare Handlung?

 

Unter dem unerlaubten Anbau von Betäubungsmitteln versteht man das ohne Erlaubnis erfolgende Erzielen pflanzlichen Wachstums durch gärtnerische Bemühungen, wozu die Aussaat von Betäubungsmittelsamen sowie die Pflege oder die Aufzucht von in den Anl. I bis III zum BtMG genannten Betäubungsmittelpflanzen gezählt werden (OLG Dresden NStZ-RR 1999, 372).

Dies bedeutet im Prinzip zunächst nichts anderes, als dass man für den strafbaren unerlaubten Anbau von Betäubungsmitteln unerlaubt eigene Anstrengungen unternehmen muss, um pflanzliche Betäubungsmittel heranzuzüchten.

 

Wann kann ein unerlaubter Anbau von Betäubungsmitteln vorliegen?

 

Wie aus den oben gemachten Ausführungen zu entnehmen ist, wird der strafrechtliche Tatbestand hier sehr weit verstanden. So wird beispielsweise bereits der Fall vom Gesetz erfasst, indem man ohne Erlaubnis  Samen eines pflanzlichen Betäubungsmittels auf fruchtbaren Boden streut und anschließend diese sich selbst überlässt, da hiermit ein Einbringen von Samen in die Erde vorliegt  (So in der Konsequenz OLG München BeckRS?2009, 11744).

Es bedarf also für den Anbau von Betäubungsmitteln keiner strukturierten Anbaukultur, keiner standardisierten Betriebsform, ja nicht einmal auf Umfang, Menge oder Qualität der angebauten Betäubungsmittel kommt es hier an (OLG München, Beschl. v. 23. 4. 2009, 4 St RR 27/09 = BeckRS 2009, 11744). Auch die Cannabispflanze im heimischen Blumentopf kann also hier ausreichen (vgl. BGH NStZ 1990, 285; Düsseldorf NStZ 1985, 30; BayObLG NStZ 1994, 496), wie unlängst Ermittlungen gegen den Grünen-Politiker Cem Özdemir erneut bewiesen (siehe hierzu Spiegel-Online v. 17.01.2015, „Drogen-Ermittlung gegen Grünen-Chef Özdemir“).

Es kommt beim Anbau im Übrigen auch nicht darauf an, ob die Betäubungsmittelpflanzen selbst unverarbeitet bereits Wirkstoffe enthalten (OLG München, BeckRS 2009, 11744). Stattdessen ist hier allein entscheidend, ob die Pflanzen zum Tatzeitpunkt Bestandteil der Anlagen I-III des BtMG gewesen sind (Eine Auflistung der in den Anlagen I-III enthaltenen Stoffe des BtMG finden Sie hier).

Wurden Samen von Betäubungsmittelpflanzen bei Ihnen aufgefunden, so genügt dies in der Regel nicht für Ermittlungen wegen unerlaubtem Anbau von Betäubungsmitteln (so in der Konsequenz BGH NJW 2011, 1461NStZ 2011, 459StV 2011, 540JR 2011, 453), sehr wohl kann dies aber in einigen Konstellationen Ermittlungen wegen des Besitzes von Betäubungsmitteln nach sich ziehen (vgl. Weber BtMG § 29 Rn 71). Zu straffreien reinen Vorbereitungshandlungen im Umgang mit Samen zählen nach diesbezüglicher Rechtsprechung unter anderem die Vorbereitung eines für die Samen angedachten Aufzuchtbeetes oder  Gewächshauses (OLG München BeckRS?2009, 11744) oder das Bereithalten von Samenkästen oder einer Aufzuchtanlage für die Samen (OLG München BeckRS?2009, 11744).

 

ACHTUNG: Bei dem strafbaren unerlaubten Anbau von Betäubungsmitteln  handelt es sich  zudem nur um einen sogenannten Grundtatbestand. Deutlich höhere Strafen können Ihnen immer dann drohen, wenn Sie den Anbau von Betäubungsmitteln gewerbsmäßig (§ 29 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 BtMG) oder die Gesundheit mehrerer Menschen gefährdend (§ 29 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 BtMG) mit anderen gemeinsam als „Bande“ in kleinerem (§ 30 Abs. 1 Nr. 1 BtMG) oder größerem Umfang (§ 30a Abs. 1 BtMG) betreiben.

Weiterhin ist gemäß § 29 Abs. 2 BtMG auch der Versuch des unerlaubten Anbaus strafbar, also die bereits begonnene, aber noch nicht vollendete Tat. Außerdem reicht gemäß § 29 Abs. 4 BtMG für eine Strafbarkeit wegen unerlaubten Anbaus auch eine fahrlässige, mithin also nicht einmal gewollte Tatbegehung aus.

 

Mir wird der unerlaubte Anbau von Betäubungsmitteln vorgeworfen – wie soll ich vorgehen?

 

Wie zuvor schon aufgeführt ist es bemerkenswert einfach, sich wegen des unerlaubten Anbaus von Betäubungsmitteln strafbar zu machen. Hintergrund hierfür ist der Versuch des Gesetzgebers, den Drogenhandel von Beginn an zu erschweren, indem man bereits die Zucht der später für den Handel vorgesehenen Betäubungsmittel mit Strafe belegte.

Weil der Eigenkonsum von Betäubungsmitteln in Deutschland aber bislang nicht kriminalisiert wurde, entsteht so ein gewisser Widerspruch für die Fälle, in denen Konsumenten Betäubungsmittel in kleinen Mengen ausschließlich für sich selbst anbauen. Durch die gesetzlichen Regelungen in den §§ 29 Abs. 5 und 31a BtMG wurde versucht, diesen Widerspruch für kleine, zum Eigenkonsum gedachte Mengen an Betäubungsmitteln (und dementsprechend auch für den für den Eigenkonsum angedachten Kleinstanbau) aufzulösen, indem man Strafverfolgungsbehörden und Gerichten die Möglichkeit gab, das Verfahren dann einzustellen. Von einer weitergehenden Strafverfolgung kann in solchen Fällen bei kompetenter anwaltlicher Vertretung also abgesehen werden. Beispielhaft sei hier erneut der prominente Fall Özdemir herangezogen, bei dem es ebenfalls zur Einstellung gekommen ist (siehe hierzu Zeit Online v. 03.02.2015, „Hanfbesitz bleibt für Cem Özdemir straffrei“, http://www.zeit.de/politik/deutschland/2015-02/cem-oezdemir-cannabis-verfahren-eingestellt, hier verlinken).

In allen Fällen gilt als guter Standard aber stets folgende Devise: Ohne Anwalt äußert man sich nicht zu strafrechtlichen Vorwürfen. Bedenken Sie stets, dass wirklich alles, was Sie gegenüber den Ermittlungsbehörden äußern, auch gegen Sie verwendet werden kann und wird.

Da das sich mit Betäubungs- und Arzneimitteln befassende Strafrecht in Deutschland nicht zur juristischen Grundausbildung gehört, empfiehlt es sich in solchen Fällen dringend, einen Experten für dieses Rechtsgebiet heranzuziehen. Vereinbaren Sie daher schnellstmöglich einen Termin unter 030 120 648 550.