§ 29 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BtMG – Unerlaubter Besitz von Betäubungsmitteln
Worin besteht beim unerlaubten Besitz von Betäubungsmitteln die strafbare Handlung?
Unter dem unerlaubten Besitz von Betäubungsmitteln versteht die deutsche Rechtswissenschaft die Herbeiführung oder Aufrechterhaltung eines tatsächlichen, auf nennenswerte Dauer ausgerichteten und von eigener Verfügungsmacht gekennzeichneten bewussten Herrschaftsverhältnisses über das Betäubungsmittel, wobei der hierbei verfolgte Zweck unerheblich ist (OLG Hamburg NStZ 2008, 287 mit?Anmerkung Rinio). Dabei kommt es nicht auf die Eigentumslage an (BayObLGSt 2003, 94; OLG Celle NStZ-RR 2013, 181).
Dies bedeutet im Prinzip zunächst nichts anderes, als dass durch diese Vorschrift das tatsächliche Besitzen von Betäubungsmitteln erfasst ist.
Wann kann ein unerlaubter Besitz von Betäubungsmitteln vorliegen?
Der unerlaubte Besitz von Betäubungsmitteln stellt einen Auffangtatbestand dar (Weber BtMG, § 29 Rn. 1314). Durch ihn sollen Fälle erfasst werden können, in denen speziellere Straftaten wie etwa der Handel oder die Einfuhr von Betäubungsmitteln nicht zweifelsfrei nachgewiesen werden können (BGH BGHSt 25, 385; BGH BGHSt 27, 380; BGH BGHR BtMG §?29 Abs.?1 Nr.?3 Besitz 1).
Für den Besitz von Betäubungsmittel kommt es nicht darauf an, ob der Besitz durch Diebstahl oder andere Straftaten oder durch einen zufälligen Fund erlangt worden ist (vgl. BGH BGHSt 30, 277 = NJW 1982, 708; Weber BtMG, § 29 Rn. 1307).
Betäubungsmittel können überdies auch für andere besessen werden (vgl. § 872 BGB; BGH NStZ 2011, 98 = StV 2010, 683; OLG München NStZ-RR 2011, 56; Weber § 29 Rn. 1309; Körner/Patzak/Volkmer, § 29 BtMG Teil 13 Rn. 17). So hat zum Beispiel auch Besitz, wer für ein Geschwisterkind Betäubungsmittel versteckt, um diesen vor polizeilichen Maßnahmen zu schützen (vgl. OLG München NStZ-RR 2011, 56; Körner/Patzak/Volkmer, § 29 BtMG Teil 13 Rn. 17).
Besitz von Betäubungsmitteln kann ebenfalls dann vorliegen, wenn Betäubungsmittel angebaut werden (Weber § 29 Rn. 1326).
Besitz wird dann nicht angenommen, wenn das Betäubungsmittel nur in verbrauchsgerechter Menge zum unmittelbaren Genuss oder zum Mitgenuss besessen wird (BayObLG NStZ 1990, 395 = StV 1990, 356; KG Berlin StV 1992, 424; OLG München NStZ 2006, 679; OLG Hamburg NStZ-RR 2008, 54 mit?Anmerkung Rinia).
ACHTUNG: Zudem handelt es sich bei dem strafbaren unerlaubten Besitz von Betäubungsmitteln nur um einen sogenannten Grundtatbestand. Deutlich höhere Strafen können Ihnen immer dann drohen, wenn Sie Betäubungsmittel in nicht geringer Menge besitzen (§ 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG).
Mir wird der unerlaubte Besitz von Betäubungsmitteln vorgeworfen – wie soll ich vorgehen?
Weil der unerlaubte Besitz von Betäubungsmitteln als Auffangtatbestand für Drogendelikte ausgestaltet worden ist, wird er bei Funden von Betäubungsmitteln häufig zunächst reflexhaft angenommen.
Da aber gerade der Konsum von Betäubungsmitteln in der Regel mit dem Besitz von Betäubungsmitteln einhergeht, können solche Verfahren von Staatsanwaltschaft oder Gericht bei geringen Mengen nach den Maßstäben der §§ 29 Abs. 5, 31a BtMG eingestellt werden. Zwingend ist dies aber nicht.
In jedem Falle gilt als guter Standard aber stets folgende Devise: Ohne Anwalt äußert man sich nicht zu strafrechtlichen Vorwürfen. Bedenken Sie stets, dass wirklich alles, was Sie gegenüber den Ermittlungsbehörden äußern, auch gegen Sie verwendet werden kann und wird.
Da das sich mit Betäubungs- und Arzneimitteln befassende Strafrecht in Deutschland nicht zur juristischen Grundausbildung gehört, empfiehlt es sich in solchen Fällen dringend, einen Experten für dieses Rechtsgebiet heranzuziehen. Vereinbaren Sie daher schnellstmöglich einen Termin unter 030 120 648 550.