06/2015: Freunde sind die besten Feinde – Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts auf gewerbmäßigen Handel mit Betäubungsmitteln
Unser Mandant war an HIV erkrankt. Zusammen mit seinem Lebensgefährten fristetete er ein ruhiges, unauffälliges Dasein. Im Haushalt wurde ihm aufgrund seiner Krankheit regelmäßig von einer guten Bekannten ausgeholfen.
Eines Tages dann wurde dem Schwerkranken eröffnet, dass gegen ihn ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts auf gewerbmäßigen Handel mit Betäubungsmitteln eröffnet worden sei. Auschlaggebend für die Eröffnung der Ermittlungen war eine Aussage der ihm im Haushalt zu Hand gehenden Bekannten gewesen. Ihm wurde der gewerbsmäßige Handel mit Tilidin vorgeworfen, ein unter das BtMG fallendes Betäubungsmittel, welches ursprünglich Verwendung als Schmerzmittel in der Medizin gefunden und über Umwege einen gewissen Ruf als Droge erlangt hatte.
Der Mandant selbst nahm zwar Tilidin, wäre aber mit Sicherheit nicht auf die Idee gekommen, mit dem Verkauf seiner eigenen Tabletten zu beginnen, die ihm ein Leben mit einem erträglichen Schmerzpegel ermöglichten. Ganz sicher verkaufte er solche Tabletten auch nicht gewerbsmäßig. Dementsprechend groß war seine Erschütterung ob der Vorwürfe.
Indes hatte nicht etwa der Mandant durch sein Verhalten die Untersuchung in die Wege geleitet. Vielmehr war seine im Haushalt helfende Bekannte bei dem Versuch, Drogen zu verkaufen, erwischt worden und versuchte nun, durch Kooperation mit den Ermittlungsbehörden ein für sich gutes Ergebnis auszuhandeln. Dabei bezichtigte sie ohne Gewissensbisse auch ihren guten Freund eines Deliktes, welches sogar mit einer deutlich schärferen Strafe als der einfache Handel beschwert ist: In Fällen eines Deliktes nach § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG droht eine Freiheitsstrafe mindestens einem Jahr.
Nachdem unser schwerkranker Mandant sich schließlich an uns gewandt hatte, gelang es uns, der Staatsanwaltschaft sowohl die kriminalistischen und juristischen Ungereimtheiten im Fall als auch die Lebenssituation unseres Mandanten glaubhaft aufzuzeigen, so dass diese das Verfahren schließlich nach § 153 Abs. 1 StPO aufgrund mangelndem öffentlichen Interesse an der Weiterverfolgung einstellte.