01/2018: Wilde Reise durch die Nacht – Verfolgung durch einen Polizeihubschrauber, Hausdurchsuchung und Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts mehrerer schwerwiegender Verkehrsdelikte
Manche Fälle gemahnen eher an schlechte Filme denn an die Wirklichkeit. Dieser hier gehört ganz sicher dazu. Zu Ehren dieser zugegebenermaßen seltenen, nichtsdestotrotz aber äußerst unterhaltsamen Fälle hat sich das Team der Kanzlei Luft erlaubt, diesen Fall in Form eines Drehbuchs zu verewigen. In diesem Sinne: Film ab.
1. Szene:
Nachts. Eine Straße irgendwo im ländlichen Brandenburg. Aufsicht.
Zwei Polizisten führen eine Personenkontrolle durch. Der Funkwagen steht direkt daneben.
Ein anderer Wagen fährt ins Bild. Der Fahrer und einer der beiden Polizisten haben Blickkontakt. Das Gesicht des Fahrers ist nicht auszumachen
Szene verfällt in Slow-Motion, bis der Wagen aus dem Bild herausfährt.
2. Szene:
Nachts. Straße in Brandenburg. Aufsicht. Der Funkwagen folgt dem Wagen aus der 1. Szene. Kamera folgt beiden.
Wagen beschleunigt. Funkwagen hält mit.
Standortwechsel. Straße mündet in Wohngebiet. Kamerasicht von oben.
Funkwagen folgt weiter dem Wagen. Dieser biegt ohne zu blinken in eine Nebenstraße ein.
Cut zum Ende der Straße.
Metallpoller blockieren die Einmündung zur nächsten Straße.
Cut zurück zum Flucht- und zum Funkwagen.
Funkwagen kommt näher an den Wagen heran. Fluchtwagen beschleunigt und fährt mit Wucht gegen einen Metallpoller. Dieser gibt nach. Der Funkwagen schließt zum Fluchtwagen auf.
Cut in den Funkwagen.
Einer der Polizisten notiert hektisch das Nummernschild.
Cut zurück auf die Straße.
Der Fluchtwagen beschleunigt. Der Funkwagen bleibt zurück. Der Fluchtwagen fährt aus dem Bild.
3. Szene
Nachts. Straße in Brandenburg. Aufsicht. Ein Polizeiwagen steht quer zur Straße. Kameraschwenk zum entgegengesetzten Straßenende.
Der Fluchtwagen fährt mit hoher Geschwindigkeit ins Bild.
Kameraschwenk zurück zum Polizeiwagen.
Der Polizeiwagen setzt hektisch zurück. Dann passiert der Fluchtwagen den Polizeiwagen und verfehlt ihn haarscharf.
Der Fluchtwagen fährt aus dem Bild.
4. Szene
Nachts. Luftraum über dem Brandenburger Land. Aufsicht.
Ein Polizeihubschrauber beleuchtet die unter ihm liegenden leeren Straßen.
Cut in den Hubschrauber.
Ein Polizist hält Funkkontakt zu Polizisten am Boden. Sein Gesichtsausdruck verrät eine gewisse Frustration. Er beschwert sich darüber, dass der Fluchtwagen nicht aufzufinden sei.
Cut aus dem Hubschrauber zurück zur ursprünglichen Einstellung.
Der Hubschrauber fliegt aus dem Bild.
5. Szene
Tag. Ein Haus in Brandenburg. Vor dem Haus steht erkennbar der Fluchtwagen. Normalsicht.
Einige Polizisten betreten das Bild. Sie führen gut erkennbar einen Rammbock mit sich.
Laute Techno-Musik setzt ein. Direkter Cut zur Eingangstür. Normalsicht.
Die Tür wird aus den Angeln gehoben.
Schneller Schnitt in das Schlafzimmer des Mandanten. Mandant liegt vollkommen perplex auf dem Bett. Er ist augenscheinlich gerade erst erwacht und sichtlich überfordert.
Polizisten stürmen das Schlafzimmer. Einige Beamte kommen auf das Bett zu.
Hektische Kamerafahrt zum Bett. Kamera gleitet vom Gesicht des Mandanten weiter zu dessen Hand auf dem Bettlaken. Dramatische Musik setzt ein. Das Bild läuft in Schwarzweiß weiter
Die Hand fängt an zu zucken. Etwas Dunkles spritzt auf das helle Laken. Die Finger der Hand verkrampfen sich.
Standortwechsel. Wohnzimmer des Mandanten. Normalansicht. Keine Musik. Das Bild läuft wieder in Farbe.
Die Polizisten tragen verschiedene, in der Wohnung gefundene Gegenstände zusammen, darunter verschiedene Softairwaffen und mehrere betäubungsmittelsuspekte Stoffe. Einer berichtet den anderen von einer Plantage, die sie an anderer Stelle gefunden haben. Zudem sei ein Schülerausweis gefunden worden, der ganz sicher nicht dem längst dem Schulalter entwachsenen Verdächtigen gehören würde.
Standortwechsel. Haus des Mandanten von außen. Normalsicht auf die Tür.
Der Mandant wird von Beamten mit Handschellen aus der Tür geführt. Er sieht sichtlich mitgenommen aus. Seine Füße stecken nur in Socken, als er die Beamten darum bittet, sich Schuhe anziehen zu dürfen, wird ihm dies verweigert
6. Szene
Kanzlei Luft. Besprechungszimmer. Aufsicht
Mandant sitzt zitternd am Tisch. Seine Finger umklammern die vor ihm stehende Kaffeetasse.
Rechtsanwalt betritt das Besprechungszimmer.
Rechtsanwalt und Mandant schütteln sich die Hände. Der Mandant schildert aufgelöst die erlebte Brutalität. Der Rechtsanwalt nickt ab und an und macht sich Notizen.
Standortwechsel zum Büro des Rechtsanwalts. Normalsicht. Auf dem Schreibtisch liegt eine Ermittlungsakte mit dem Namen des Mandanten.
Der Rechtsanwalt liest die Ermittlungsakte und runzelt missbilligend die Stirn. Anschließend schreibt er schnell und kundig unter Einbindung aller ihm zur Verfügung stehenden Rechtsquellen am Computer einen Schriftsatz.
Kamerafahrt auf den Bildschirm.
Im Schriftsatz zeigt der Rechtsanwalt der Staatsanwaltschaft auf, dass Waffen, Schülerausweis und Betäubungsmittel in der Wohnung als Zufallsfunde einem Beweismittelverbot unterfallen und kein Beweis dafür vorliegt, dass der Mandant das Auto gefahren hat.
7. Szene:
Tag. Haus des Mandanten, die Tür ist notdürftig repariert. Normalsicht. Briefkasten an der Straße ist im Bild.
Der Mandant holt seine Post. Als er einen der Briefe sieht, beginnt er zu zittern und öffnet ihn noch vor Ort.
Kamerafahrt auf den Brief.
Der Brief kommt von der Staatsanwaltschaft. Es sind die Worte „Ermittlungsverfahren“ und „habe ich gemäß § 170 Absatz 2 der Strafprozessordnung eingestellt“ zu erkennen.
Cut zum Gesicht des Mandanten.
Der Mandant strahlt.
Standortwechsel zur Kanzlei. Büro des Rechtsanwalts. Normalsicht
Der Rechtsanwalt sitzt über einem Schriftsatz und grübelt. Dann klingelt das Telefon. Der Rechtsanwalt hebt ab. Es ist die Stimme des Mandanten zu hören, der sich überschwänglich für die gute Verteidigung bedankt. Der Rechtsanwalt lächelt, als er das Gespräch beendet – und macht sich dann wieder an die Arbeit.
Kamerafahrt auf den Schriftsatz auf dem Tisch.
Es sind die Worte „Entschädigungsantrag nach § 9 StrEG“ und „Polizei“ und „wurde festgenommen und dabei verletzt“ zu erkennen.
– FIN –