§§ 3 Abs. 4; 4 Abs. 2 AntiDopG – Besitz von Dopingmitteln zum Zwecke der Eigenanwendung oder Fremdanwendung an einem selbst (Selbstdoping)
Worin besteht beim Besitz von Dopingmitteln zum Zwecke des Selbstdopings die strafbare Handlung?
Unter Besitz von Dopingmitteln zum Zwecke des Selbstdopings ist unter Rückgriff auf die Rechtsprechung zu korrespondierenden Regelungen des BtMG (Lehner/Nolte/Putzke, AntiDopG § 3 Rn. 35) die Herbeiführung oder Aufrechterhaltung eines tatsächlichen, auf nennenswerte Dauer ausgerichteten und von eigener Verfügungsmacht gekennzeichneten bewussten Herrschaftsverhältnisses über das Dopingmittel (BGH BGHSt. 27, 380, 381 f.; OLG Hamburg NStZ 2008, 287 Rn. 4) zum Zwecke des eigen- oder fremdhändigen Selbstdopings.
Indes ist der Besitz von Dopingmitteln zum Zwecke des Selbstdopings ein sogenanntes Sonderdelikt, welches ausschließlich von einer bestimmten Personengruppe begangen werden kann. So sind gemäß § 4 Abs. 7 AntiDopG nur Spitzensportler und -sportlerinnen in der Lage, den Straftatbestand zu verwirklichen, wobei der Begriff des Spitzensportlers hier laut Gesetz entweder denjenigen meint, der in einem Testpool im Rahmen des Dopingkontrollsystems Trainingskontrollen unterliegt oder aus seiner sportlichen Tätigkeit beträchtliche Einnahmen erzielt, gemeinhin also Berufssportler und -sportlerinnen der höheren Ligen der jeweiligen Sportart.
Das meint im Prinzip zunächst nichts anderes, als dass das Innehaben von tatsächlicher Verfügungsgewalt über Dopingmittel bei Spitzensportlern zum Zwecke des eigenhändigen oder an einem durch einen anderen vorgenommenen Selbstdopings strafbar ist.
Wann kann ein Besitz von Dopingmitteln zum Zwecke des Selbstdopings vorliegen?
Täter des Besitzes von Dopingmitteln zum Zwecke des Selbstdopings kann nur ein Spitzensportler im Sinne des § 4 Abs. 7 AntiDopG sein. Wer die oben ausgeführten Bedingungen nicht erfüllt, der kommt als Täter schon gar nicht in Betracht.
In Anlehnung an frühere Rechtsprechung zu vergleichbaren Normen des Betäubungsmittelgesetzes lässt sich festhalten, dass es beim Besitz von Dopingmitteln zum Zwecke des Selbstdopings gerade auf die freie Verfügungsgewalt über das Dopingmittel ankommt (Lehner/Nolte/Putzke, AntiDopG § 3 Rn. 36). Dies bedeutet, dass beispielsweise das Überlassen von Dopingmitteln durch einen Dritten zum sofortigen Verbrauch vor Ort und in Beisein des Dritten nicht unter die Norm fällt (OLG Hamburg NStZ 2008, 287 Rn. 4 mwN).
Auf Täterseite mus zudem bei Begehung der Direktvorsatz auf die Verwendung zum Zwecke des Selbstdopings ohne medizinische Indikation vorliegen (Erbs/Kohlhaas/Wußler AntiDopG § 3 Rn. 19). Wer diesen mitbringt, allerdings noch vor Anwendung des Dopingmittels die Verfügungsgewalt freiwillig darüber aufgibt, auf den lässt sich die Regelung es § 4 Abs. 8 AntiDopG zur tätigen Reue (Lehner/Nolte/Putzke, AntiDopG § 4 Rn. 94) anwenden. Dabei kommt es auf die endgültige Aufgabe des Dopingsmittels an, eine nur kurz währende Zwischenverwahrung zum Beispiel bei einem Bekannten, Kollegen oder Freund soll nicht ausreichen (Lehner/Nolte/Putzke, AntiDopG § 4 Rn. 94). Somit liegt nach Meinung des Gesetzgebers hier ein persönlicher Strafaufhebungsgrund vor (BT-Drs- 18/6677, S. 12), der im Einzelfall große Bedeutung erlangen kann.
Darüber hinaus kommt es beim Besitz von Dopingmitteln zum Zwecke des Selbstdopings nicht auf den Erwerb einer nicht geringen Menge an (Erbs/Kohlhaas/Wußler AntiDopG § 3 Rn. 18). Allerdings muss die erworbene Menge an Dopingmitteln auch dazu geeignet sein, einen leistungsteigernden Effekt hervorzurufen (Lehner/Nolte/Putzke, AntiDopG § 4 Rn. 37). Andernfalls würde hier die Intention der Norm ihren Sinn verfehlen, Leistungsverzerrung zu verhindern.
Überdies bestehen gerade in Bezug auf diese Leistungsverzerrung in der sich mit dem Dopingrecht befassenden Rechtswissenschaft starke Zweifel daran, dass die dem Tatbestand zugrundeliegende Verbotssnorm in ihrer uferlosen Weite überhauptverfassungsgemäß ist (zum aktuellen Stand der Debatte Lehner/Nolte/Putzke, AntiDopG § 3 Rn. 47-48): Unter Berücksichtigung des durch die Strafvorschriften des AntiDopG geschützten Rechtsguts (gemäß § 1 AntiDopG also Fairness und Changengleichheit bei sportlichen Wettbewerben) ist es für den nicht als Spitzensportler nach § 4 Abs. 4 AntiDopG erfassten Besitzer von Dopingmitteln schlicht unverständlich, inwieweit der Erwerb von Doping nur für den Zweck des Eigendopings ohne Wettbewerbsbezug eine Strafbarkeit begründen soll. Sogar der Konsum von rausch- und bewusstseinserweiternden Substanzen ist in Deutschland nicht verboten, so dass es sehr zweifelhaft anmutet, eine Strafbarkeit dort anzunehmen, wo die eigene Leistungsfähigkeit zum Beispiel aus Gründen der privaten Eitelkeit oder der andersweitig nicht erreichbaren selbst gesetzten Ziele gesteigert wird. Es ist somit davon auszugehen, dass sich die Gerichte bei der Anwendung dieser Norm eher zurückhaltend geben werden. Eine Einschätzung des Bundesverfassungsgerichtes steht bis zum heutigen Tag in dieser Angelegenheit aber noch aus.
Mir wird der Besitz von Dopingmitteln zum Zwecke des Selbstdopings vorgeworfen – wie soll ich vorgehen?
Trotz der gewichtigen verfassungsrechtlichen Bedenken ist der Tatbestand derzeit aber dennoch Teil des Nebenstrafrechts. Somit kann auch dieser Problemfall des neuen Anti-Doping-Strafrechts in der Praxis zum Einsatz kommen.
Im Kontext einer Strafverfolgung weges eines Delikts nach dem AntiDopG drohen in der Regel nicht nur Freiheits- oder Geldstrafen. Da das AntiDopG gerade auch die Integrität des Sportes als Ausgangspunkt hat (siehe hierzu nur BR-Drs. 126/15), steht neben den strafrechtlichen Folgen einer Verurteilung auch eine mögliche Sperre aus. Dies kann gerade im Bereich des professionellen Sports das Karriereaus bedeuten, so dass der potentielle Täter gleichermaßen berufs- wie strafrechtlich bestraft wird.
Es gilt daher als guter Standard stets folgende Devise: Ohne Anwalt äußert man sich nicht zu strafrechtlichen Vorwürfen. Bedenken Sie stets, dass wirklich alles, was Sie gegenüber den Ermittlungsbehörden äußern, auch gegen Sie verwendet werden kann und wird.
Da schon das klassische sich mit Betäubungs- und Arzneimitteln befassende Strafrecht in Deutschland nicht zur juristischen Grundausbildung gehört, empfiehlt es sich gerade in diesen Fällen dringend, einen Experten für das Rechtsgebiet heranzuziehen. Vereinbaren Sie daher schnellstmöglich einen Termin unter 030 120 648 550.