§ 323b StGB – Gefährdung einer Entziehungskur durch Verleiten zum Genuss von alkoholischen Getränken oder anderen berauschenden Mitteln

 

Worin besteht bei der Gefährdung einer Entziehungskur durch Verleiten zum Genuss von alkoholischen Getränken oder anderen berauschenden Mitteln die strafbare Handlung?

 

Die Tathandlung der Gefährdung einer Entziehungskur durch Verleiten zum Genuss von alkoholischen Getränken oder anderen berauschenden Mitteln besteht in dem Einwirken mit beliebigen Mitteln auf den Willen des (unfreiwillig) in einer Anstalt Untergebrachten, wodurch dieser infolgedessen Rauschmittel konsumiert (BeckOK StGB/Ziegler StGB § 323b Rn. 3).

 

Das bedeutet im Prinzip nichts anderes, als dass derjenige vom Tatbestand erfasst werden soll, der einen Rauschmittelabhängigen während einer diesem aufgezwungenen Entziehungskur gezielt dazu bringt, rauscherzeugende Substanzen zu sich zu nehmen.

 

Wann kann eine Gefährdung einer Entziehungskur durch Verleiten zum Genuss von alkoholischen Getränken oder anderen berauschenden Mitteln vorliegen?

 

Die Gefährdung einer Entziehungskur in all ihren Formen setzt zunächst eine Entziehungskur in einer mit der Behandlung von Suchterkrankungen befasste Krankenanstalt (Schönke/Schröder/Sternberg-Lieben/Hecker StGB § 323b Rn. 4; Lackner/Kühl/Heger StGB § 323b Rn. 2) voraus. Dieser muss sich der Untergebrachte gegen seinen Willen unterziehen, der freiwillig und ohne behördlichen Zwang untergebrachte Patient einer Entziehungskur fällt somit nicht unter den Tatbestand (Kindhäuser/Neumann/Paeffgen § 323b StGB Rn. 9).

 

Bezüglich der Frage, wann ein Verleiten zum Genuss von rauscherzeugenden Mitteln vorliegen soll, ist als Antwort auf die sogenannte Äquivalenz-Theorie zu verweisen (Kindhäuser/Neumann/Paeffgen § 323b StGB Rn. 17). In sachbezogener Anwendung dieser verleitet somit derjenige zum Genuss von Rauschmitteln, dessen konkreter Beitrag an den Untergebrachten dazu führt (und nicht hinweggedacht werden kann), dass dieser freiwillig rauscherzeugende Mittel konsumiert.

 

Rauscherzeugende Mittel im Sinne des § 323b StGB wiederum sind nach den zu § 64 StGB festgelegten Grundsätzen alle Substanzen, die geeignet sind, einen Rausch und eine Abhängigkeit herbeizuführen (BeckOK StGB/Ziegler StGB § 64 Rn. 2; Fischer StGB § 64 Rn. 5; zur Abhängigkeit siehe MüKoStGB/van Gemmeren StGB § 323b Rn. 12). Es kommt dabei aufgrund der Gefahr einer Suchtverlagerung nicht darauf an, ob dem Untergebrachten die Entziehungskur wegen der Sucht zum konkret genossenen Rauschmittel verordnet worden ist ( MüKoStGB/van Gemmeren StGB § 323b Rn. 12).

 

Auch muss das Verleiten zum Genuss auch ohne Erlaubnis des Anstaltsleiters oder seines Beauftragten erfolgen, also des behandelnden Arztes oder des von ihm mit der Betreuung des Untergebrachten beauftragten medizinischen Pflegepersonals (Kindhäuser/Neumann/Paeffgen § 323b StGB Rn. 18). Dabei ist es für die Strafbarkeit unerheblich, ob eine Erlaubnis nachträglich erteilt worden ist oder das Verleiten zum Genuss insgesamt erlaubnisfähig gewesen wäre (so BeckOK StGB/Ziegler StGB § 323b Rn. 4). Nach Auffassung des Teams der Kanzlei Luft liegt in solchen Fällen aber ein für den Täter sprechender Umstand im Rahmen der Strafzumessung nach § 46 Abs. 2 StGB vor, da in solchen Fällen die durch den Täter verschuldeten Auswirkungen der Tat mit Sicherheit eine andere Qualität als bei Fällen ohne diese Erlaubsfiktion aufweisen.

 

Zuletzt muss die Tathandlung  zudem wissentlich erfolgen, also mit Kenntnis über die Entziehungskur und des Fehlens einer Erlaubnis (vgl. Lackner/Kühl/Heger StGB § 323b Rn. 4).

 

Mir wird eine Gefährdung einer Entziehungskur durch Verleiten zum Genuss von alkoholischen Getränken oder anderen berauschenden Mitteln – wie soll ich vorgehen?

 

Rechtstatsächlich gilt die Norm als bedeutungslos (so wohl zutreffend Kindhäuser/Neumann/Paeffgen StGB § 323b Rn. 4), da bislang kein höherrangiges Gericht diesbezüglich ein publiziertes Urteil gefällt hat. Indes bleibt der Tatbestand dennoch Bestandteil des Strafgesetzbuches und kann von gar zu beflissenen Strafverfolgungsbehörden trotz gewichtiger Argumente gegen eine übereilte Anwendung der Vorschrift (vgl.  Kindhäuser/Neumann/Paeffgen StGB § 323b Rn. 25) bei Vorliegen des Tatbestandes angewandt werden.

 

Es gilt daher als guter Standard auch hier stets folgende Devise: Ohne Anwalt äußert man sich nicht zu strafrechtlichen Vorwürfen. Bedenken Sie stets, dass wirklich alles, was Sie gegenüber den Ermittlungsbehörden äußern, auch gegen Sie verwendet werden kann und wird.

 

Da bereits das klassische und gefestigte sich mit Betäubungs- und Arzneimitteln befassende Strafrecht in Deutschland nicht zur juristischen Grundausbildung gehört, empfiehlt es sich gerade in diesen Fällen dringend, einen Experten für das Rechtsgebiet heranzuziehen. Vereinbaren Sie daher schnellstmöglich einen Termin unter 030 120 648 550.